Berlin: Interview zur Flüchtlingskrise
Letzten Mittwoch war der staatliche irische Fernsehsender RTÉ an der Media University Berlin, um Journalismus-Dozent Prof. Dr. Markus Ziener zur Flüchtlingskrise zu interviewen. Grundlage des Gesprächs war ein Kommentar, den Markus Ziener für den German Marshall Fund geschrieben hatte, wo er Non-Resident Fellow ist.
Tony Connelly, Europe Editor bei RTÉ, befragte Prof. Ziener zur Flüchtlingskrise und deren Einfluss auf die aktuelle deutsche Politik. „Die Situation ist sehr komplex“, so Ziener. „Die Stimmung in Deutschland verändert sich ständig: Vor ein paar Monaten, während der Griechenland-Krise, war Deutschland die strenge Großmacht, die Griechenland zum Sparen aufforderte, ein paar Wochen später die Großmacht der Freundlichkeit, als Hunderttausende Flüchtlinge willkommen geheißen wurden – und heute sind wir in den Augen des Auslandes die Großmacht der Naivität.“
Ziener sagte, die Menschen seien vor allem deshalb beunruhigt, da es so erscheine, als habe Kanzlerin Angela Merkel die Situation nicht im Griff. Dies sei zumindest der Eindruck, der sich bei vielen Deutschen verfestige – und der die Stimmung zum Kippen bringen könnte. Dabei gebe es gute Gründe für Deutschland so zu handeln, wie es handelt: Die demographische Entwicklung der letzten Jahrzehnte mit einer niedrigen Geburtenrate mache Einwanderung fast schon zwingend erforderlich. Die Verantwortung aus der deutschen Geschichte, in der es vor etwas mehr als 70 Jahren unter den Nazis viele Deutsche waren, die vor politischer Unterdrückung flohen. Und natürlich humanitäre Gründe, die sich aus dem bestehenden humanistischen Wertesystem ableiteten.
Allerdings: Wenn die Kanzlerin für den Zustrom der Flüchtlinge über die Wintermonate keine Lösung fände, dann stünde spätestens dann der Koalition eine ernste Zerreißprobe bevor. Die Regierung könnte dann veranlasst sein, die Grenzen schließen zu müssen – mit möglicherweise katastrophalen Folgen für die Nachbarländer und die europäische Solidarität insgesamt.
Lesen Sie den Artikel “Germany: Saving Refugees Comes with a Huge Political Price Tag” von Prof. Dr. Ziener auf den Seiten des German Marshall Fund.