Berlin: Mr. Tagesthemen Ulrich Wickert im Gespräch
Der bekannte Journalist und Buchautor Ulrich Wickert besuchte am 29. Juni für eine Podiumsdiskussion mit Studierenden die Media University Berlin.
B.A. Journalismus und Unternehmenskommunikation-Studentinnen Katharina Krause und Franziska Schade sowie B.A. Medien-und Wirtschaftspsychologie-Student Philipp Dreyssig befragten den langjährigen Moderator der Tagesthemen zu vielen aktuellen Themen. Diskutiert wurde die Lage des Journalismus im digitalen Zeitalter, die Frage von Glaubwürdigkeit und Verantwortung der Medien heute sowie was Ulrich Wickert in seinem Beruf geprägt hat und wie es heute um den Journalismus steht.
Ulrich Wickert war zwischen 1991 und 2006 Moderator der ARD-Tagesthemen – und hat damit wie kaum ein anderer diese zentrale Nachrichtensendung im Ersten geprägt. Zuvor war er viele Jahre Korrespondent in Paris und gilt bis heute als einer der besten Frankreich-Kenner Deutschlands. Seit den Terroranschlägen in Paris im Vorjahr sind Wickerts Einschätzungen zu den Entwicklungen im Nachbarland immer wieder in Fernseh-Talkshows und Radio-Interviews gefragt. In der Diskussion an der Media University Berlin zeigte er sich sicher, dass Marine Le Pen die Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich nicht gewinnen würde.
Als Autor zahlreicher Bücher sprach Wickert von den Vorteilen des Internets bei der Recherche. So nutzt er zum Beispiel Street View, um Pariser Straßen nach möglichen Tatorten für seine Kriminalromane zu erkunden. Von Facebook hält er nicht viel. Er sieht die sozialen Netzwerke eher als Kommunikationsplattformen, die wenig mit Journalismus zu tun haben. Auch den Publikationsdruck im Online-Journalismus sieht er kritisch, da heute zu viel Qualitätsverlust stattfindet: „Der Mediennutzer hat nichts von Schnelligkeit. Glaubwürdigkeit und Nutzen sind viel wichtiger“, so Wickert. „Niemand verkörpert die Seriosität im Journalismus, die wir in den Zeiten der Internet-Falschmeldungen so herbeiwünschen, mehr als Wickert selbst. Der Altmeister stößt den Götzen Schnelligkeit vom Sockel und setzt dadurch Akzente für junge Kolleginnen und Kollegen“, sagt Kanzler Prof. Dr. Ronald Freytag, der den Journalisten zum Gespräch an die Media University einlud.
Ähnlich sieht das auch Prof. Dr. Markus Ziener, Leiter des Fachbereichs Journalismus und Kommunikation an der Media University Berlin: „Fundiertes Allgemeinwissen, solide Recherche und gründliche Abwägung der Fakten bleiben die Basis guter journalistischer Arbeit. Das gilt für jedes Medium – egal ob Print, Radio, Fernsehen oder Online. Darauf hat Ulrich Wickert sehr zu Recht hingewiesen“.
Auch Themen aus Wickerts im Januar erschienenen Buch Medien: Macht und Verantwortung wurden von den Studierenden aufgegriffen. Das Konzept der Lügenpresse zum Beispiel, das, so Wickert, im Dritten Reich in Dresden seinen Ursprung hatte und so, wohl nicht überraschend, heute von Pegida-Anhängern gepredigt wird.
Zum Ende der Diskussion gab es einen Rollentausch: Ulrich Wickert durfte nun die Studierenden befragen. Ihn interessierte vor allem, woher diese ihre Informationen beziehen, welche Zeitungen sie lesen. Denn der Journalismus ist ein Handwerk, und das wichtigste Werkzeug, um die Arbeit des Aufklärers zu machen, ist es, umfangreich informiert zu sein.
Fotos: Prof. Nora Bibel