Kommerzialisierung des Sport-Journalismus

29. Januar 2025

Im Rahmen der MU-Ringvorlesung im Wintersemester 2024/2025 hat Prof. Dr. Michael Schaffrath über Sportrechte-Vermarktung im Online- und Streaming-Zeitalter referiert. Dabei wurde deutlich, wie sehr der Sportjournalismus unter ökonomischen Druck gerät.

Der Professor für Sportkommunikation am Department Health and Sport Sciences der Technischen Universität München sprach von einer „dreifachen Transformation“ der Sportberichterstattung: Dramatisch gestiegene Preise der Übertragungsrechte, eine Entwicklung zur Unterhaltungsware und die Orientierung von Sportjournalist:innen an ökonomischen Faktoren hätten dazu geführt, dass normative Funktionen wie etwa Kritik und Kontrolle in den Hintergrund gerieten, sagte Prof. Dr. Michael Schaffrath.

Der Experte für Sportpublizistik machte anhand der jüngsten Auktion der TV-Rechte für die Fußball-Bundesliga deutlich, wie inzwischen mit Millionen-Beträgen und teilweise auch vor einem Schiedsgericht um die begehrte Ware Fußball gerungen wird. „Heute wären ohne TV-Gelder alle Bundesliga-Clubs bis auf Bayern München und vielleicht Borussia Dortmund insolvent“, erklärte der Kommunikationswissenschaftler.

Während der erste Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB), der Kölner Dr. Peter Joseph „Peco“ Bauwens, noch in den 1950er-Jahren gefordert habe, „kein Geld vom deutschen Fernsehen“ zu nehmen, seien mittlerweile für die kommenden vier Bundesliga-Spielzeiten knapp 4,5 Milliarden Euro im Spiel. Wie riskant der Milliarden-Poker um Sportrechte sei, habe beispielsweise der Münchener Medienunternehmer Leo Kirch erfahren müssen, für dessen Unternehmensgruppe 2002 angesichts von mehr als sechs Milliarden Euro Schulden und Verbindlichkeiten nur der Insolvenzantrag blieb.

Online Veranstaltung: Sportrechte- Vermarktung im Online- und Streaming-Zeitalter

Ökonomisierung und Entertainment

Prof. Dr. Michael Schaffrath, der vom MU-Fachbereich Journalismus und Kommunikation zur Web-Konferenz eingeladen worden war, arbeitete früher selbst als Sportjournalist und hat eine große Anzahl von Büchern und Aufsätzen über Sportpublizistik und Sport-PR geschrieben. Anhand wirtschaftlicher Daten und eigener Forschungsergebnisse machte er deutlich, wie sehr Sportjournalismus auf den Fußball fixiert ist und wie sehr manche Berichterstatter:innen die Nähe zu Sportler:innen suchen, anstatt kritische Distanz zu wahren.

Hätten in den 1990er-Jahren noch mehr als achtzig Prozent der befragten Sportjournalist:innen angegeben, Kritik gehöre zu ihren wesentlichen Aufgaben, sei diese Ansicht 2010 nur noch von etwas mehr als der Hälfte der Befragten geteilt worden. Von 101 interviewten Münchener Berichterstatter:innen der TV-Programmanbieter Sky, DSF und Bayerischer Rundfunk hätten mehr als die Hälfte angegeben, Sportjournalismus sei ein kommerzielles Geschäft, aber nur knapp 44 Prozent hätten ihn als öffentliche Aufgabe bezeichnet.

Auf die Dauer, so lautete die Prognose von Prof. Dr. Michael Schaffrath, werde es weder live noch zeitversetzt TV-Bilder der Fußball-Bundesliga geben. Erstens existiere – anders als bei wichtigen Partien von Europa- oder Weltmeisterschaften – keine Verpflichtung zur entgeltlosen Ausstrahlung (Free TV). Zweitens zwinge die Preisspirale die Rechteinhaber künftig dazu, die Ware Bundesliga nur noch gegen Entgelt (Pay TV) anzubieten. So würde es ihn nicht wundern, erklärte der Medienwissenschaftler, wenn künftig beispielsweise Amazon in das Geschäft mit den Sport-Rechten einsteige, um Sportjournalismus mit E-Commerce zu verbinden.