Spielend das Brunnenviertel entdecken
Studierende der Media University erforschen mit Bewohnern/innen das Brunnenviertel. Heraus kommt ein spannendes und unterhaltsames Quartettspiel über den Kiez und noch viel mehr…
Studierende des Fachbereichs Grafikdesign und Visuelle Kommunikation der Media University hatten eine ungewöhnliche Semesteraufgabe von ihrem Professor Jan-Henning Raff erhalten: Sie sollten ein Spiel entwickeln, welches Leute aus dem Kiez zusammenbringt und Informatives über den Hochschulstandort im Brunnenviertel im Berliner Wedding vermittelt.
Hintergrund dieser zwar spielerisch anmutenden, jedoch besonderen Herausforderung des Grafikprofessors war, dass sich die Media University-Studierenden in seinem Unterricht u.a. mit dem Thema „Grafik in Raum und Umgebung“ auseinandersetzen müssen. Auf der Suche nach Praxispartnern und Finanzierungsmöglichkeiten zur Umsetzung wurde Prof. J.-H. Raff auf die Fördermöglichkeiten des Quartiersmanagements aufmerksam und stellte seine Idee vor: Dieses war begeistert und sponsorte kurzerhand das Projekt. Neben den ursprünglichen Funktionen, informativ zu sein und Menschen zusammenzubringen, hatte das Spiel nun eine dritte Aufgabe zu erfüllen: für den Brunnenviertel-Kiez als einen lebenswerten Wohnort zu werben.
Elf Studierende und ein Professor recherchierten Möglichkeiten, in welchem Spiel diese drei Aufgaben zu vereinen sind. Gleichzeitig galt es, möglichst viele Bewohner/innen verschiedener Altersgruppen zu erreichen: Kinder, Eltern, Großeltern und Kinderlose jeglichen Alters. Für die ältere Generation wurde die Idee eines Plakat-Magazins mit Rätseln und interessanten Infos über das Viertel gefunden. Ein Veranstaltungskalender, Kreuzworträtsel, ein Cartoon, Kurzporträts von zwei Kneipen und ein Interview mit einer Kiezmutter fanden auf dem Plakat-Magazin Platz. Zusammengefaltet ist es ein Leseblatt für den Hausgebrauch.
Für die Jüngeren schien die Idee eines Quartettspiels passend. Bei diesem Kartenspiel finden Menschen – fast jeder Altersgruppe – unkompliziert zusammen. Informationen können kurz, prägnant und durch grafische Motive auf den Karten vermittelt werden. Zudem bieten die Sätze von vier zusammengehörigen Karten die Möglichkeit, verschiedene und gleichzeitig zusammengehörige Orte des Kiezes zu zeigen.
Die Studierendengruppe erkundeten die Orte im Brunnenviertel-Kiez, indem sie zwar nicht wohnen, jedoch studieren. Informationen über Kirchen, Vereine, Plätze oder Kindergärten wurden akribisch zusammengetragen. Doch um den wahren Geschichten der teilweise unscheinbar, manchmal recht grau wirkenden Orte auf die Schliche zu kommen, reichte dieses Wissen über Entstehungsjahre oder Ausdehnungen nicht aus. Vom Jagdfieber geweckt, begaben sie sich in den Tante-Emma-Laden oder in die nächste Eckkneipe, auf der Suche nach den wirklichen Kiez-Geschichten. Sie sprachen mit Bewohnern und Geschäftsleuten, mit Müttern mit Kinderwagen oder mit älteren Menschen auf der Straße. Mengen an Fotos, Interviews und Infomationsmaterialien wurden akribisch in einem Forschungstagebuch festgehalten.
Aus dem bunten Sammelsurium von Orten und Geschichten wurden gemäß eines Quartett-Spiels 32 Orte ausgewählt. Alltägliche Orte wie Schulen, Spielplätze, Supermärkte, Läden, Parks oder Bahnhöfe boten dank der Recherche nun erstaunliche Hintergründe. 4 zusätzliche Karten, die eigenhändig von Spielern/innen mit Lieblingsorten gestaltet werden können, kamen hinzu.
Das gestaltete Plakat-Magazin wurde als Wandzeitung im ganzen Viertel geklebt. Mit dem Motto „Gib dem Brunnenviertel ein Gesicht!“ lud es die Bewohner und Bewohnerinnen zum Mitmachen, Spielen, Kennenlernen bei Bier und Bratwurst ein. Die Nachfrage nach dem Kartenspiel und den Plakaten war groß, die Spiele schnell verschenkt.
Neben einer kreativen Semesterarbeit gab es einen „Neben“-Effekt: „Viele der Studenten und Dozenten fuhren nur zur Media University und wieder zurück und kannten diesen Kiez hier gar nicht. Dabei gibt es so viel Interessantes – Industriegeschichte, Architektur, Arbeiterbewegung. Und Kurioses, Kleinigkeiten, die erst auf dem zweiten Blick auffallen“, war von Prof. Dr. Raff zu erfahren. „Nun wissen unsere Studierenden, an welchem Ort sie studieren“, berichtete der Professor. Mit den interviewten Kiez-Anwohnern/innen grüßen sich die Media University-Studierenden seit Neustem an der Edeka-Tante-Emma-Laden-Kasse und erzählen einander brandaktuelle Kiez- und Hochschulgeschichten.
Das Quartett-Spiel und das Plakat-Magazin „Gib dem Brunnenviertel ein Gesicht!“ ist kostenfrei im Quartiersmanagement in der Jasmunder Straße 16 erhältlich.